Machen Sie Witze?

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Eine gut gewählter Gag in Ihrer Rede kann dafür sorgen, dass Ihnen die Herzen der Zuhörer zufliegen. Ein falsch platzierter Witz kann aber auch einen Skandal auslösen. Hier erfahren Sie, wie Sie Fettnäpfchen sicher aus dem Weg gehen.

 

Neulich war ich mit dem Auto unterwegs und wurde von der Polizei angehalten. Ich überlegte noch, was ich falsch gemacht haben könnte, da tauchte der Polizist mit seinem Notizblock neben dem Seitenfenster auf. Mit einem Augenzwinkern sagte ich zu ihm:

 

„Ich vermute, Sie wissen, warum Sie mich angehalten haben.“

 

Was soll ich Ihnen sagen? Das war keine gute Idee! Die Straßenverkehrsordnung war ein Thema, bei dem dieser Ordnungshüter keinen Spaß verstand. Als Antwort auf meinen kleinen Witz hörte ich nur drei Worte:

 

„Geschwindigkeitsübertretung. Führerschein. Fahrzeugschein.“

 

Während ich noch im Handschuhfach nach meinen Papieren kramte und der Polizist ein gepfeffertes Bußgeld auf dem Strafzettel vermerkte, fragte ich mich:

 

Wie konntest du dein Publikum nur so falsch einschätzen?

 

 

Tatsächlich ist es nicht immer leicht zu beurteilen, wie Menschen auf einen Witz reagieren werden. Noch schwieriger wird es, wenn man nicht nur einen einzelnen Polizisten vor sich hat, sondern einen Saal voller Menschen. Jeder einzelne Zuhörer* hat einen anderen Humor. Jeder von ihnen kann einen Witz unterschiedlich aufnehmen.

 

Was kann man also tun, damit einem ein gut gemeinter Scherz nicht um die Ohren fliegt?

 

Zunächst hilft es, sich zu überlegen, wie Humor funktioniert. Und das hat niemand so gut auf den Punkt gebracht wie Otto Julius Bierbaum, der den berühmten Satz prägte:

 

„Humor ist, wenn man trotzdem lacht.”

 

Paradoxerweise brauchen nämlich fast alle Witze ein tragisches Element, um komisch zu sein. In Witzen sitzen Patienten beim Arzt, um eine Diagnose zu hören oder es stürzen Flugzeuge ab, die zu wenige Fallschirme an Bord haben.

 

Tipps vom Redenschreiber: So machen Sie Witze, ohne einen Skandal auszulösen

 

Humor greift Alltagsängste auf und bietet eine kurze Befreiung, indem er sein Publikum zum Lachen bringt. Das funktioniert aber nur, wenn die Zuhörer zur Tragik des Witzes die nötige Distanz haben. Wer jemals in einem Seniorenheim einen Alzheimerwitz erzählt hat, weiß, was ich damit meine.

 

Der US-amerikanische Komiker  Steve Allen hat es so ausgedrückt: „Komödie ist gleich Tragödie plus Zeit.”

 

Der Polizist von neulich dachte in dem Moment möglicherweise an einen Verkehrsunfall, der von einem Raser verursacht worden war. Kein Wunder, dass ihm nicht zum Lachen zumute war. Ihm fehlte die Distanz.

 

Wer in einer Rede im Unternehmen zum Beispiel einen Witz über das Auf und Ab der Weltwirtschaft machen möchte, sollte sich darum zunächst überlegen, ob Mitarbeiter berechtigte Ängste vor einem Jobverlust haben könnten. Der Schlüssel zum Vermeiden von Fettnäpfchen liegt darin, sich so gut es geht in die Situation des Publikums hineinzuversetzen.

 

Das klingt fast wie eine Selbstverständlichkeit. Doch hier machen sogar ausgebuffte Profis immer wieder schwere Fehler. Nehmen wir ein etwas älteres, aber sehr treffendes Beispiel: den ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan.

 

 

Der gelernte Schauspieler wollte 1984 auf seiner Ranch in Kalifornien eine Radioansprache aufnehmen. Bei der Tonprobe fühlte sich Reagan wohl an seine Zeit im Showbusiness zurückerinnert und wollte die anwesenden Mitarbeiter und Journalisten ein wenig unterhalten. In der Annahme, sein Mikrofon sei ausgeschaltet, verkündete er:

 

„Liebe Landsleute, ich freue mich, Ihnen heute mitteilen zu können, dass ich ein Gesetz unterzeichnet habe, das Russland für vogelfrei erklärt. Wir beginnen in fünf Minuten mit der Bombardierung.“

 

Was soll ich Ihnen sagen? Auch das war keine gute Idee. Während sich Reagan noch wunderte, warum sein Scherz nicht die erwarteten Lacher auslöste, wurde die Tonbandaufnahme bereits kopiert und später an die Presse weitergegeben. Reagan hatte mit seinem Scherz einen der größten Skandale seiner Präsidentschaft ausgelöst. In den Wochen darauf dürfte er sich immer wieder gefragt haben:

 

Wie konntest du dein Publikum nur so falsch einschätzen?

 

Reagan hatte nicht darüber nachgedacht, dass viele Menschen im Jahr der Aufnahme große Angst vor einem Atomkrieg hatten. Die meisten Amerikaner verstanden, dass Reagans Worte als Witz gemeint waren, nur zum Lachen war niemandem zumute.

 

Wenn Sie in Reden und in anderen Lebenssituationen Witze machen wollen, sollten Sie sich darum immer ganz genau überlegen, was das tragische Element Ihres Witzes ist. Dann fragen Sie sich, ob einzelne Zuhörer damit ein Problem haben könnten. Wenn Sie das beachten, werden Ihnen einige gepfefferte Strafzettel und – was viel wichtiger sein dürfte – peinliche Pressekonferenzen erspart bleiben.

 

 

* Anmerkung: In meinem Blog stehen Personenbezeichnungen der Einfachheit wegen im generischen Maskulinum, das beide Geschlechter einbezieht.

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